Corona – Betriebsärzte dürfen ab 7. Juni 2021 impfen. Was ist versicherungstechnisch zu beachten, Herr Senk?

Ab 7. Juni 2021 können Betriebe ihre Mitarbeitenden durch den Betriebsarzt gegen Corona impfen lassen. Große Unternehmen bereiten sich derzeit mit der Einrichtung von Impfstraßen darauf vor. Andere Unternehmen werden auf die Praxen der Betriebsärzte zurückgreifen. In diesem Interview erklärt Wolf-Rüdiger Senk, Bereichsleiter Versicherungsrecht bei der AVW Gruppe, welche versicherungstechnischen Aspekte dabei beachtet werden müssen.

Was bedeutet das konkret für die Praxis?

Wolf-Rüdiger Senk: Das betriebliche Risiko einer Impfstraße bezieht sich auf das Bereitstellen und Betreiben einer Infrastruktur und Räumlichkeiten, um Menschen dort mit einer Impfung versorgen zu können. Dagegen stellt das Ärztehaftungsrisiko auf die ärztliche Tätigkeit bei der Arbeit am und mit dem Patienten ab.

Die daraus resultierenden Risiken sind natürlich um ein Vielfaches größer im Hinblick auf mögliche Fehler und daraus resultierende Schäden an Leib und Leben, so dass aus Sicht der Haftpflichtversicherer die ärztliche Berufshaftpflicht das deutlich problematischere Risiko darstellt.

Grundsätzlich gilt, dass alles was über die reine Bereitstellung von Räumlichkeiten für den Betrieb einer Impfstraße hinausgeht, eine Vielzahl von Haftungsrisiken sowohl unter zivil- als auch strafrechtlichen Aspekten beinhaltet. Diese Risiken sind exemplarisch einem Blog der renommierten Kanzlei CMS zu entnehmen: https://www.cmshs-bloggt.de/rechtsthemen/coronavirus-handlungsempfehlungen-fuer-unternehmen/haftung-corona-schutzimpunfgsprogramm-betriebsarzt/

Wolf-Rüdiger Senk
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Das klingt fast so, als sollte man Unternehmen davon abraten, Impfstraßen einzurichten?

Nein, das nicht. Man sollte allerdings gut vorbereitet sein. Die Unternehmen sind gut beraten, Art und Durchführung der betrieblichen Impfungen, so löblich diese auch unter dem Pandemieaspekt sein mögen, genau zu prüfen und abzuwägen, um sich nicht unversehens Risiken ausgesetzt zu sehen, die eine übliche Betriebshaftpflichtversicherung nicht decken kann. Unproblematisch bleibt jedoch die Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten für den Impfstraßenbetrieb.

Wolf-Rüdiger Senk

Wie kann der Impfbetrieb vor diesem Hintergrund dann am besten aussehen?

Eine denkbare Option ist die Durchführung der Impfungen durch extern bestellte Betriebsärzte. Dann sind die Risiken von der Einladung zum Impftermin über die Bereitstellung der Aufklärungs-, Anamnese- und Einwilligungsbögen bis hin zur eigentlichen Impfung ausgelagert. Das Unternehmen haftet somit nur für die ordnungsgemäße Auswahl des Beauftragten und die Bereitstellung der Räumlichkeiten.

Wolf-Rüdiger Senk
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Eine letzte Frage, Herr Senk: Handelt es sich bei der Einrichtung einer Impfstraße eigentlich um eine anzeigepflichtige Gefahrerhöhung für die Betriebshaftpflichtversicherung?

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