„Man darf mit Wohnungsnot nicht Profit machen“

Die Wiener Architektin und Stadtplanerin Gabu Heindl beschäftigt sich seit langer Zeit mit sozialen Problemthemen innerhalb der Wohnbaubranche. Mit den Werten und Finanzstrukturen in der Immobilienbranche ist sie alles andere als zufrieden.
WOJCIECH CZAJA

Ist Wohnen heute noch leistbar?

Für immer mehr Menschen nicht mehr. Mit den 1994 eingeführten Lagezuschlägen und Befristungen, die heute gang und gäbe sind, wurde das Mietrechtsgesetz mehr und mehr prekarisiert. Viele Mieter werden alle drei Jahre vor potenzielle Wohnungslosigkeit gestellt, wenn sie nicht den Mund halten. Damit nehmen sie laufende Mieterhöhungen in Kauf, was wiederum zu Mietexplosionen auf dem privaten Wohnungsmarkt führt. Und das Problem ist kein geringes: 70 Prozent aller neuen privaten Mietverträge in Wien werden befristet abgeschlossen.

Heindl
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Wo sehen Sie die größten Stellschrauben, um diese Missstände wieder nach unten zu korrigieren?

Es wird in Zukunft zwei wichtige Themen geben, mit denen wir uns eingehend beschäftigen müssen. Erstens Mieterschutz: Leider wurde dieser in den letzten Jahren sukzessive demontiert. Es darf nicht sein, dass man mit der Wohnungsnot anderer Menschen Profit macht. Und zweitens: Ökologie, Klimaschutz, Maßnahmen gegen Erderwärmung.

Heindl

Glauben Sie, dass die Befristungstendenz jemals wieder zurückgehen wird?

Was eingeführt wurde, so wie die Befristung 1994, kann auch wieder abgeschafft werden. Hier ist die Politik gefragt.

Heindl

Gibt es internationale Beispiele, in denen solche Rückentwicklungen zu beobachten sind?

Ja, beispielsweise in Barcelona. Seit kurzem fordert die Stadt die in der Wirtschaftskrise 2007/2008 verlorenen Wohnungen von den Banken zurück, saniert sie, passt sie an den sozialen Markt an und gibt sie an jene Leute günstig weiter, die dringend Wohnraum benötigen.

Heindl
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Einer der Hauptgründe für das immer teurer werdende Wohnen sind die steigenden Grundstückskosten. Es gibt Modelle wie etwa die Münchner SoBoN oder die in Wien eingeführte Widmungskategorie Geförderter Wohnbau. Reicht das?

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