Zwischen Traum und Tat

Das 66. Symposium zur Zukunft des Wohnens stand unter dem Thema Wohnbau im Klimanotstand. Gesucht waren Innovationen, die die Wohnungswirtschaft im Kampf gegen den Klimawandel unterstützen. Ein spannender Austausch mit viel- versprechenden Perspektiven.
GISELA GARY

limawandel – Klimaschutzgesetz – Klimanotstand – CO2-Emissionen – Öko-Steuern – die Stichworte zum Thema sind breit gestreut, haben jedoch ein gemeinsames Ziel: Der Ausstoß der Treibhausgase muss gesenkt werden, auch der Wohnbau und die Bauwirtschaft müssen hier Verantwortung übernehmen.

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Klimaneutral bis 2050 lautet das Ziel der EU – bis 2030 sollten die Treibhausgase um 40 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden. Österreich meint dieses Ziel mit der Klima- und Energiestrategie „#mission2030“ schon 20 Jahre früher zu schaffen.

Dazu muss an einer Vielzahl von Stellschrauben gedreht werden. Es beginnt bei der Planung, geht bis zur Auswahl der Baustoffe, der grauen Energie, dem Lebenszyklusansatz und reicht bis zu Maßnahmen, mit denen sich die Bevölkerung an den Klimawandel anpassen kann. In derselben Vielfalt erfolgte die Auswahl der Vortragenden für das 66. Symposium.

Es sind alle Beteiligten gefordert – von den Politikern, den Architekten bis zu den Bauträgern und natürlich den Bewohnern. Dementsprechend groß war auch das Interesse am Symposium zur Zukunft des Wohnens, das unter dem Motto „Wohnbau im Klimanotstand – behutsam oder radikal“ stand und in der Sky Converence der Raiffeisen Bank International, RBI, am Stadtpark im Wiener Zentrum stattfand.

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Hans-Christian Vallant, der Geschäftsführer der Raiffeisen Bausparkasse, präsentierte in seiner Begrüßung Highlights einer Studie, welche die ökologischen Potentiale im Wohnbau untersuchte. Als Schlüssel für einen aktiven Klimaschutz wurden dabei die Energieeffizienz und der kluge Baulandverbrauch analysiert.

Vallant sprach aber ebenso gesellschaftliche Veränderungen wie beispielsweise den Trend zu Singlehaushalten, an: „Hier sind dringend Ideen gefragt, Wohnen muss dem Lebenszyklus angepasst werden – da brauchen wir eine viel stärkere Flexibilität.“ Ein großes Potential sieht Vallant jedoch auch im Altbestand, „hier gibt es noch viel zu tun, vor allem die Heizsysteme betreffend“. Die Botschaft an die über 100 Teilnehmer war klar: Es muss etwas passieren.

Knackpunkt Leistbarkeit

Das war das Stichwort für die 25 Jahre junge Anna Lindorfer, Architektur-Masterstudentin, Aktivistin und Sprecherin von Fridays for Future Wien, die gleich nachhakte: „Die Auswirkungen des Klimawandels sind verheerend, wir befinden uns in einer tiefen ökologischen Krise.

In den vergangenen acht Jahren haben wir wieder viel mehr CO2 verbraucht, die Temperatur ist weltweit um durchschnittlich fünf Grad gestiegen. 2018 gab es 40 Prozent Ertragsverluste in der Landwirtschaft, es gibt fürchterliche Stürme, immer mehr Hitzeperioden – das sind gefährliche Kippelemente wie Dominosteine.

Die Erde muss bis 2050 klimaneutral sein, machen Sie jetzt etwas!“ Ihre persönliche Krise erlebte Lindorfer vor einigen Jahren an der Uni, als sie Tiefgaragen planen sollte – auf die Frage an den Professor, warum sie das machen soll, dass sei ein ökologischer Wahnsinn, bekam sie keine Antwort.

Damit war für sie klar, dass sie sich für die Umwelt und den Klimaschutz einsetzen will. „Sie müssen das Wohnen und Leben verändern, die Sanierungsrate auf drei Prozent drücken, Öl und Gas radikal auf erneuerbare Energien umstellen.

Ihre Studien und Maßnahmenkataloge sind gut und schön, aber die reichen nicht“, wetterte Lindorfer. Und als letzte Botschaft rief sie in den Saal: „Klimagerechtes Bauen muss Standard werden – der Knackpunkt ist dabei jedoch die Leistbarkeit. Also: Sorgen Sie für eine gerechtere und faire Zukunft, werden Sie vom Problem zum Teil der Lösung!“

Die in umwelt- und klimaschutztechnischen Fragen erfahrene Stadtplanerin Helga Fassbinder schmunzelte und zeigte sich vom jugendlichen Engagement tief beeindruckt, als sie mit ihrer Darstellung des Status quo aus ihrer Sicht begann: „Radikal oder behutsam – das ist nicht die Frage. Weitsicht ist gefragt, der Klimawandel wirkt sich nämlich überall aus, den spüren wir auch wirtschaftlich. Der Meeresspiegel steigt, die Hitzetage werden mehr.

Die Antwort auf den Klimawandel ist die grüne Stadt. Wir müssen die Städte renaturieren, uns auf die Gartenstadt des 21. Jahrhunderts konzentrieren, mit zahlreichen Fassaden- und Dachbegrünungen. Der Verkehr gehört unter die Erde, dann haben wir an den Oberflächen mehr Platz für grüne öffentliche Flächen…

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